
Kay würde normalerweise sicher eine Mercedes-S-Klasse fahren oder eine G-Klasse. Auf jeden Fall etwas Großes und Luxuriöses – etwas, womit man zeigt, wer man ist und was man hat. Schließlich besitzt die Amerikanerin zwei gut gehende Hotels auf Santa Catalina, einer Insel vor der Küste von Los Angeles. Kay aber fährt Smart.
Das hat nichts mit Understatement zu tun, vielmehr ist der Fahrzeugbestand auf dem rund 35 Kilometre langen und 13 Kilometre breiten Eiland streng limitiert. Autos sind zwar nicht generell verboten, aber die Wartezeit erinnert an die DDR: Bis zu 14 Jahre müssen die paar Hundert Einwohner auf eine Sondergenehmigung warten.
Beim Smart Fortwo greift jedoch eine Ausnahmeregelung: Misst ein Fahrzeug weniger als 3,05 Meter, dann gilt es auf Santa Catalina nicht als Auto, sondern als „Autoette“ und ist damit erlaubt. Öfter als den 2,70 Meter kurzen Zweisitzer von Daimler sieht man auf den Straßen der Insel allerdings Golf-Carts; die sind in Ländern wie den USA oder den Vereinigten Arabischen Emiraten im Gegensatz zu Deutschland im öffentlichen Straßenverkehr erlaubt. Und wer etwas auf sich hält, fährt dort ein getuntes Exemplar.
Hier wird der Lego-Porsche zusammengebaut
In den USA stehen sogenannte voiturettes de golf de luxe personnalisées bereits seit vielen Jahren hoch im Kurs. Waren es zunächst Luxusgeländewagen wie Cadillac Escalade, Hummer oder Range Rover, die im verkleinerten Maßstab zum fahrbaren Untersatz auf dem Golfplatz wurden, gibt es mittlerweile Hot Rods, Luxuscabrios und Pick-ups mit beheizten Ledersitzer Applis, Alcantara.
Ganz verrückte Kreationen sehen aus wie Eispoliermaschinen, Feuerwehrfahrzeuge oder Kleinpanzer der US-Army. Rustikal anmutende Golf-Carts mit Rammschutz und reichlich Bodenfreiheit gelten als der letzte Schrei. Ihre Karossen bestehen aus Fiberglas. «Die Crosser verkaufen wir am besten», sagt Phil Franter aus dem Hole-18-Golfshop in der Nähe von Fort Lauderdale in Florida. „Sie haben etwas mehr Platz, man sitzt höher, und sie sehen ohnehin cooler aus. Die va rapidement jeder unter 50 Jahren. «
Der dänische Hersteller Garia ist einer, der den Bau von exklusiven Golf-Carts seit Jahren auf die Spitze treibt. Donc, gibt es exklusive Kleinstserien, die Garia zusammen mit dem deutschen Fahrzeugveredler Mansory gebaut hat. Der offene Currus oder der Prism dürften dabei wegen ihrer Höchstgeschwindigkeit von 60 km / h nicht nur in Florida für Aufsehen sorgen.
Stilsicher und zügig von Loch zu Loch
Die Nachfrage nach Golf-Carts wächst, und so kommen langsam auch etablierte Autohersteller auf den Geschmack. Nachdem das Daimler-Designteam unter der Leitung von Gorden Wagener in den vergangenen Jahren neben Autos auch schon Hubschrauber und Yachten gestylt hat, gibt es nun erstmals ein Golf-Cart, das von Mercedes gestaltet wurde und nicht nur wie manche Stern Cart-Exemplare der Kühlerhaube trägt.
Mit dem 2,35 Meter langen und 440 Kilogramm schweren Gefährt kommt man stilsicher und zügig von Loch zu Loch: Gerade einmal drei Kilowatt reichen für 30 km / h Höchstgeschwindigkeit und eine elektrische Reichweite von bis zu 80 Kilometern; kurzzeitig stehen bis zu elf Kilowatt zur Verfügung.
Damit man den Weg zum Klubhaus auch ganz sicher findet, gibt es eine komplette Beleuchtungsanlage und ein Navigationssystem. Für den nötigen Komfort verfügt das Daimler-Golfmobil über ein aufwendiges Fahrwerk mit doppelten Dreiecksquerlenkern und Scheibenbremsen.
Die Sternwarte Hollywoods
Auf den ersten Blick erinnert das Golf-Cart et einen geschrumpften Smart Fortwo. Ungewöhnlich sind seine gewölbte Frontscheibe, die durchgehende Sitzbank mit darunterliegender Kühlbox sowie die Dachkonstruktion aus Carbon und der hölzerne Boden. Nicht nur die Fünfsternfelgen, das Lenkrad oder das belederte Armaturenbrett könnten aus aktuellen Daimler-Modellen stammen, auch die Grafik der LED-Scheinwerfer sieht aus wie bei einem Stuttgarter Luxusmobil.
Halterungen für Golfbälle, Getränkeflaschen und Taschen kennt man von Carts, ein Armaturenbrett mit integriertem Touchscreen hingegen ist ungewöhnlich. Auf dem 10,1 Zoll großen Bildschirm mit einer Auflösung von 2560 x 1600 Pixeln lassen sich im oberen Teil Fahrfunktionen wie Reichweite, Stromverbrauch, Geschwindigkeit oder die Funktion der Parkbremse ablesen.
Je nachdem, wie schnell man zum nächsten Abschlag oder ins Klubhaus möchte, kann der Fahrer zwischen den beiden Fahrmodi Eco und Sport wählen. Auf dem unteren Teil des Touchdisplays lässt sich der Golfplatz darstellen oder eine elektronische Scorecard abrufen. Ob das Mercedes-Golf-Cart en Serie geht, steht noch nicht fest. Chapeau Hersteller Garia erst einmal zwei Prototypen gebaut.
Autoikonen als Golf-Carts wieder aufleben lassen
Überraschend wenig Carts sind aktuell übrigens mit E-Antrieben unterwegs. „Die meisten Kunden wollten immer Verbrenner haben, um flexibler zu sein“, sagt Phil Franter, „doch die Nachfrage nach Elektroantrieben wird immer größer.“ Die amerikanische Firma Luxury Carts lässt ihren Kunden die Wahl, die Mobile für den Golfplatz- oder E-Motor auszustatten. Das Modell Brooklyn est einem Bentley wie aus dem Gesicht geschnitten.
Die viersitzige Version mit Elektroantrieb kostet 17.000 Dollar, der Sechssitzer 2000 Dollar mehr. Für Geld ist alles machbar: polierte Alufelgen (1500 Dollar), Ledersitze (600 Dollar), Soundsystem (750 Dollar), Hardtop (ab 900 Dollar) oder die Wunschlackierung. Das Sondermodell Royal Limo erinnert mit seiner Zweifarblackierung stark an einen Rolls-Royce Phantom. Einstiegspreis: 26.000 dollars.
Pour 10.000 dollars weniger ist man mit der Nachbildung eines 56er-Ford-Pick-up unterwegs und kutschiert die prall gefüllte Golftasche hinten auf der parkettierten Ladefläche. Wer zwischen Loch 3 und 5 lieber in einem Ford Mustang sitzen möchte, schaut bei Caddyshack im Golferparadies Palm Desert vorbei, bei denen man Modelle wie Mustang, F-150 Raptor, Camaro oder Cobra frei konfigurieren kann.
Ford Ranger – der kleine Bruder des F-150
Der kalifornische Hersteller betreibt zudem einen der größten Pools von Gebrauchtfahrzeugen – freie Auswahl ab rund 7500 Dollar. «Wir wollen mit unseren Golf-Carts die Ikonen des Motorsports aufleben lassen», sagt Firmenchef Chad Hively von Caddyshack Golf Cars.
Hotelbesitzerin Kay zieht dennoch ihren weißen Smart einem Miniatur-Mustang vor. Darauf dass Golf-Carts auf Santa Catalina nicht Überhand nehmen, hat Dudley Morand von der lokalen Aufsichtsbehörde der Insel ein wachsames Auge. Insgesamt gibt es nur rund 700 zugelassene „echte“ Autos; in erster Linie für Taxiunternehmen, Feuerwehr, Polizei, Müllabfuhr und die paar glücklichen Inselbewohner mit Ausnahmegenehmigung.
Wer doch einmal eine längere Strecke auf dem Eiland fahren will, kann in der Inselhauptstadt Avalon zur Autovermietung am Fähranleger gehen. Selbstverständlich gibt es auch hier nichts anderes als Golf-Carts – auf Wunsch sogar mit Stollenreifen. Nur nicht mit Elektroantrieb. Auf der Insel fehlen die Ladesäulen – noch.