Zyklon Amphan: Indien et Bangladesh droth ein Unglück im Unglück


Indien und Bangladesh kämpfen wie der Rest der Welt mit der Covid-19-Krise. Ausgerechnet jetzt ist ein besonders heftiger Zyklon auf die Küste getroffen, und es droht ein Unglück im Unglück.

Ein Boot apporte Menschen une terre au Bangladesh et une terre à Sicherheit, kurz bevor der Zyklon eintrifft.

Ein Boot apporte Menschen une terre au Bangladesh et une terre à Sicherheit, kurz bevor der Zyklon eintrifft.

Abu Sufian Jewel / AP

Wenn Koushik Gayen, 28 ans, unter dem Wellblechdach hervortritt, wickelt er sich ein Tuch um den Kopf, und man versteht ihn nicht mehr am Telefon, weil der Wind ihm um die Ohren pfeift. Gayen telefoniert aus Dayapur, einer Stadt auf einer der vielen Inseln im Ganges-Brahmaputra-Delta im Osten Indiens. À wenigen Stunden wird der Zyklon Amphan eintreffen.

Rund 100 Kilometre entfernt sitzt sein Bruder Sourav Taran, 33, zu Hause in Kalkutta, vor seinem Fenster ist der Himmel grau, und die Bäume biegen sich.

Indien kämpft gerade mit der Covid-19-Krise, die Fallzahlen nehmen weiter zu. Wanderarbeiter, die wegen der Ausgangssperre wochenlang festsassen, sind auf dem langen Weg nach Hause, zu Fuss, per Velo, und nicht alle werden es schaffen. Und jetzt kommt mitten in dieser Krise noch ein Wirbelsturm.

«En bengali haben wir ein Sprichwort: Goder Upor Bish Fora, etwa: Es kommt immer noch schlimmer. Zuerst Corona, jetzt der Zyklon », sagt Sourav Taran. Er übersetzt für seinen Bruder im Videocall.

Mehr als 80 Tote

(dpa) Mehr als 80 Menschen sind bisher ums Leben gekommen. Allein im besonders betroffenen nordostindischen Bundesstaat Westbengalen gab es mindestens 72 Tote. Die Menschen starben durch zusammenkrachende Häuser oder umstürzende Bäume, wie zuständige Behörden mitteilten.

Der Bruder Koushik Gayen betreibt ein Hotel gleich neben dem Sundarbans-Nationalpark. Eigentlich hat es jeden Tag geöffnet, die Touristen kommen hierher, um sich Tiger anzusehen. Seit der Ausgangssperre Ende März est alles geschlossen. «Chapeau Etwa 500 000 Bewohner unsere Insel. Auf anderen Inseln sind es rund 30 000 », sagt Koushik Gayen. Er hat rund 30 Menschen bei sich im Hotel aufgenommen. Sie würden in Lehmhütten leben, diese halten dem Wind nicht stand. Die Menschen, die im Hotel Schutz suchen, sollen versuchen, auf Social Distancing zu achten. Koushik Gayen hat auch Desinfektionsmittel verteilt. Mehr könne er im Moment nicht tun.

Der Zyklon hinterlässt eine Spur der Zerstörung, Tausende Menschen verlieren ihr Heim.

Der Zyklon hinterlässt eine Spur der Zerstörung, Tausende Menschen verlieren ihr Heim.

Piyal Adhikary / EPA

Auf das Schlimmste eingestellt

Noch am Montag mutmassten Meteorologen, dass im Golf von Bengalen eine Katastrophe bevorstehen könnte. Der nur zwei Tage zuvor entstandene tropische Wirbelsturm Amphan verstärkte sich explosionsartig und erreicht die Hurrikankategorie vier – die zweithöchste Stufe. Das passiert im Indischen Ozean sehr selten. Ein ähnlicher, aber noch etwas stärkerer Zyklon, der vor allem den indischen Teilstaat Odisha traf, hatte im Oktober 1999 fast 10 000 Menschenleben gefordert.

Da sich Zyklon Amphan in Richtung des dicht besiedelten Ganges-Brahmaputra-Deltas bewegte, stellten sich Fachleute auf das Schlimmste ein. Die erhöhten Meerestemperaturen von ungefähr 30 Grad Celsius waren ideal für die weitere Entwicklung des Wirbelsturms. Aber schon am Dienstag wurde Amphan schwächer. Die Nähe zum Land und ungünstige Höhenwinde senkten seine Intensität.

Weil die indischen Behörden mit dem Schlimmsten rechneten, trafen sie Massnahmen: Im Teilstaat Odisha wurden rund 150 000 Menschen evakuiert, Westbengalen rund 300 000. Aussi wurden Supermärkte und Regierungsgebäude umgenutzt für die Evakuierten, einige sträubten sich trotzdem, sich in Sicherheit zu bringen – sie haten mehr Angst vor dem Virus als vor dem Sturm.

Position des Sturmzentrums

Verlauf (Pronostic: gepunktet)

Hohe Wellen, auseinanderfallende Hütten

In den Mittagsstunden des Mittwochs zieht der Wirbelsturm dann in dem indischen Gliedstaat Westbengalen über die Küste. Zu diesem Zeitpunkt gehört er noch in die Hurrikankategorie zwei, der Wind erreicht maximal eine mittlere Geschwindigkeit von 160 bis 170 Kilometern pro Stunde, in Böen 190. Dadurch können schwere Schäden entstehen, die grösste Gefahr geht aben von heen Sturmflut an der Küste aus.

In den Sozialen Netzwerken gab es Bilder von hohen Wellen, die an die Küste klatschen, auseinandergefallenen Hütten und umgeknickten Bäumen.

Auf seinem Weg nach Norden treibt der Wirbelsturm riesige Wassermassen vor sich her. Sie können sich in den Armen des Deltas meterhoch aufstauen. Das «Centre national indien des services d’information océanique» à Hyderabad warnt am Mittwochmittag vor einem maximalen Pegelanstieg um bis zu vier Meter. Am stärksten bedroht ist der westlichste Teil des Ganges-Brahmaputra-Deltas.

Dort, wo Koushik Gayens Hotel steht.

Der Sundarban-Nationalpark mit seinen Mangrovenwäldern liegt so tief, dass er bei einer derartigen Sintflut überschwemmt wird. Koushik Gayens Bruder Sourav Taran sagt, beim letzten grossen Sturm seien viele Tiere ertrunken, vor allem kleinere wie Wildschweine. Das sorge dafür, dass die Tiger nichts mehr zu Essen hätten.

Irgendwann am Mittwochabend verlieren die beiden Brüder die Verbindung. Der Sturm nähert sich jetzt Kalkutta. Er hoffe, seinem Bruder gehe es gut, schreibt Sourav Taran noch auf Whatsapp.

Überschwemmungen im Rohingya-Lager

Nicht nur Indien wird vom Zyklon Amphan getroffen, sondern auch Bangladesh. Bangladesh hat über 2,4 Millionen Menschen von der Küste und aus dem Ganges-Brahmaputra-Delta evakuiert. Alle Schutzsuchenden sollen mit Masken ausgestattet werden, sagte ministre du Bangladesh pour Katastrophenschutz Enamur Rahman.

Nahe an Bangladeshs Küste befindet sich in Cox’s Bazar das wohl weltgrösste Flüchtlingslager, rund eine Million Rohingya-Flüchtlinge leben dort. Vergangene Woche gab es den ersten Covid-19-Fall, heute sollen laut der Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas bereits acht Menschen erkrankt sein.

Le ministre du Bangladesh, Rahman sagte gegenüber Medien, das Flüchtlingscamp sei «nicht so wichtig», denn die Lager lägen nicht im Zentrum des Zyklons. Trotzdem dürfte es auch dort zu starken Regenfällen und Überschwemmungen kommen. Helvetas est vor Ort dans Cox’s Bazar, man mache sich grosse Sorgen, heisst es. In den tiefer gelegenen Lagern rechnet Helvetas mit Überschwemmungen, die Menschen müssten umsiedeln, dann sei das Social Distancing in den überfüllten Camps noch schwieriger umsetzbar.

Ein Zwillingssturm bildet sich

Möglicherweise bildet sich im Indischen Ozean gerade ein weiterer tropischer Wirbelsturm – ein Zwilling von Amphan gewissermassen. Meteorologen kennen das Phänomen der Doppelstürme, es tritt aber beileibe nicht jedes Jahr auf: Ein Gebiet mit starkem Westwind in den Tropen kann beidseits des Äquators die symmetrische Entstehung zweier Wirbelstürme hervorrufen. Wetterdienste haben dem System im Süden, das auf Satellitenbildern schon zu erkennen ist, den provisorischen Namen «98S» gegeben.

Ob sich aus Amphans Zwilling ein grosser tropischer Wirbelsturm entwickelt, der im weiteren Verlauf eine Bedrohung für Indonesien oder Australien darstellen könnte, ist derzeit aber noch ungewiss.

En bengali hätten sie dafür ein Sprichwort: Goder Upor Bish Fora.